(„Skulptur des Monats“ – Im ostasiatischen Buddhismus ist Guanyin ein weibliches Erleuchtungswesen des Mitgefühls. Nach der Ausweitung des Buddhismus gen Japan erhielt die Figur dort den Namen Kannon. Daraus wiederum entstand 1935 der Konzernname für die Kameramarke Canon. Canon, lateinisch, steht für Norm, Regel, Kanon und leitet sich wiederum vom griechischen kanon – Leitfaden, Maßstab – ab. Ein relevantes Wort für die Kunstgeschichte: Der berühmte Kanon des Polyklet ist eine theoretische Abhandlung aus dem 5. Jahrhundert a.D. und beschreibt die idealen Maßstäbe des menschlichen Körpers. Das Buch ging verloren, es existieren aber unvollständige Inhaltsangaben. Der Archäologe und langjähriger Direktor der Baseler Skulpturenhalle Ernst Berger und der Bildhauer Ludwig Stocker wiederum konnten den Polyklet’schen Kanon plausibel am Beispiel des Doryphoros rekonstruieren. Dieser steht als Gipsabguss in der Italienischen Nationalgalerie in Neapel.
Idealvorstellungen eines Körpers gibt es auch im Profisport. Jahrelang arbeiten Athlet*innen auf den Höhepunkt ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit hin – immer mit dem Wissen, dass dieser Zustand nicht von großer Dauer ist. Für die Presse nehmen die gestählten Körper dann eine polykletähnliche Pose ein. Im Gegensatz zum nackten Oberkörper der griechischen und römischen Statuen tragen die SportlerInnen ein Trikot. Nicht so sehr um die gaffende Gesellschaft vor unangenehmer Nacktheit zu bewahren; vielmehr, weil sich dadurch noch ein kleines Plätzchen findet um Geld zu verdienen.)
Skulptur des Monats
LOTTE Stuttgart
Text: Paula Kohlmann (excerpt)
Image 1 (Canon), Diasec Matt, 1979/2015
Image 2 (Canon), Diasec Matt, 1979/2015
Image 3 (Canon), Diasec Matt, 1979/2015
Image 4 (Canon), Diasec Matt, 1979/2015
Image 5 (Canon), Diasec Matt, 1979/2015
Image 6 (Canon), Diasec Matt, 1979/2015
Berger’sche Messlatte 2 (Kanon), Bamboo, Cord